Documentary photography
Realisation: Hardcover book, 132 pages
Exhibition: „Fertig? Los!“ Diplom- und Werkschau, Darmstadt

Die Sehnsucht nach der kindlichen Heimat, in der man sich unbeschwert und geborgen gefühlt hat, ist in vielen Menschen tief verankert. Es ist die Suche nach Zugehörigkeit, Beständigkeit und Halt in einer Welt, die sich rasant verändert. Gewohnte Sprache, gewohnte Menschen und gewohnte Gegebenheiten verleihen Sicherheit. Alles ist vertraut und so soll es am besten auch bleiben.
Ein kleines hessisches Dorf namens Magdlos, das zum Landkreis Fulda gehört, ist meine kindliche Heimat. Idyllisch gelegen zwischen der Rhön und dem Vogelsberg, zählt es nicht mal 800 Einwohner. Ein überschaubarer Ort von 5 km2, in dem jeder jeden kennt. Das Landleben ist von einer gefühlten Regelmäßigkeit, Ordnung und Routine umgeben – jeder geht seiner Arbeit nach, mittwochs probt die Blaskapelle in der örtlichen Wirtschaft, dienstags und samstags hält das Bäckerauto, sonntags geht es in die Kirche und anschließend in die Kneipe und auf den Sportplatz. Jedes Jahr wiederholen sich die gleichen Dorffeste mit denselben engagierten Personen.
Doch die Gemeinden schrumpfen und mit ihnen der ländliche Gemeinschaftssinn, der besonders in Vereinen oder an Stammtischen gepflegt wird. Das vermeintlich romantische und idyllische Leben auf dem Land verliert immer mehr an Attraktivität. Mehr denn je zieht es die Deutschen in die Städte. Gerade junge Menschen finden auf dem Land häufig kaum noch Erfüllung und der demografische Wandel verstärkt diese Landflucht. Viele Gemeinden drohen zu vergreisen und für die ältere Generation ist die mangelnde Mobilität und medizinische Versorgung in den peripheren Gebieten ein ernst zu nehmendes Problem. Das Landleben wird durch die geringeren Einwohnerzahlen immer teurer und die Immobilienpreise fallen rapide. Leerstand und Verfall zeichnet sich bereits gegenwärtig in einigen Dörfern ab. Zahlreiche Läden, Gaststätten, Pfarreien oder Schulen werden geschlossen. Die historischen Vereine und wertvollen Traditionen gehen immer mehr verloren. Kleine landwirtschaftliche Betriebe verkaufen ihr letztes Vieh, da sich die Arbeit nicht mehr rentiert und der Konkurrenzkampf gegen die Supermarktketten vergeblich ist.
Während Metropolregionen und attraktive Städte auch in Zukunft stabile Bevölkerungszahlen verzeichnen dürften, werden vor allem kleine Gemeinden im dünn besiedelten ländlichen Raum an die Grenzen ihrer Existenzfähigkeit gelangen. Der demografische Wandel wird immer stärker voranschreiten und besonders das Leben auf dem Land deutlich verändern. Übrig bleiben Reste einer Geschichte, die vom Verschwinden bedroht ist – Haben die Dörfer eine Zukunft?


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